Soldaten sind Mörder
Das Schlagwort "Soldaten sind Mörder" stammt von Kurt Tucholsky, der (als Ignaz Wrobel) in einer Glosse schrieb:"Da gab es vier Jahre lang ganze Quadratmeilen Landes, auf denen war der Mord obligatorisch, während er eine halbe Stunde davon entfernt ebenso streng verboten war. Sagte ich: Mord? Natürlich Mord. Soldaten sind Mörder.
Es ist ungemein bezeichnend, daß sich neulich ein sicherlich anständig empfindender protestantischer Geistlicher gegen den Vorwurf gewehrt hat, die Soldaten Mörder genannt zu haben, denn in seinen Kreisen gilt das als Vorwurf."
"Der bewachte Kriegsschauplatz" in "Die Weltbühne" Nr. 31, 4. August 1931, S. 191
Der spätere Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky, verantwortlicher Redakteur der Weltbühne, wurde im Jahr darauf wegen "Beleidigung der Reichswehr" angeklagt, jedoch freigesprochen, da keine konkreten Personen gemeint seien und eine unbestimmte Gesamtheit nicht beleidigt werden könne (Urteil vom 17. November 1932, JW 1933, S. 972 bis 974).
Seither wurde "Soldaten sind Mörder" zu der Parole von Friedensaktivisten und Antimilitaristen, und so manche Wohngemeinschaft dürfte auch heute noch mit Aufklebern wie diesem geschmückt sein:
Auch ein späterer Bundespräsident bezeichnete Soldaten als Mörder:
"Im Krieg waren die Kennzeichen des idealen Soldaten Stärke und Mut, Großmütigkeit gegenüber dem unterlegenen Feind und Mitleid gegenüber dem Wehrlosen. Nichts davon ist übriggeblieben. Moderne Waffen der Massenvernichtung lassen keinen Raum für irgendwelche sittlich begründeten Einschränkungen und degradieren den Soldaten zu einem technischen Mörder."
Gustav Heinemann, Bundestagsrede, 1958
Auch hier ist "Mörder" nicht im strafrechtlichen Sinn zu verstehen, daß offensichtlich legales Töten nicht von der gesetzlichen Definition von Mord erfaßt wird – und folglich die Bezeichnung Mord juristisch unzutreffend ist – wohl aber, wie zahlreiche Urteile zeigen, vom Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt. Ja es gab sogar Freisprüche (neben, Willkürjustiz sei dank, Verurteilungen), die die Behauptung Soldaten sind Mörder als wahr anerkannten und sich damit nicht nur auf die Meinungsfreiheit stützten.
29. September 2006, 30. September 2006 [as]